Rilke und Thomas Mann, die bis auf wenige Monate gleichaltrig waren, kamen aile beide schon in ihren Anfängen unter den Einfluß des im ausgehenden Jahrhundert so weit verbreiteten, z.T. biologisch bedingten Dekadenzgedankens, worin sie auch, jeder nach seiner Weise, den Schlussel zur eigenen als rätselhaft und problematisch empfundenen Dichterexistenz zu entdecken glaubten. Bei allen beiden wird dieser Dekadenzgedanke, ins Mythische und Metaphysische erhöht, nicht nur zu einem Mittel der privaten Selbstdeutung, sondern darüber hinaus noch zu einem wesentlichen Motiv der eigenen Dichtung und zu einem konstitutiven Bestandteil der eigenen Weltschau. Die Anwendbarkeit des Dekadenzgedankens auf den eigenen Fall ergibt sich für Rilke sowie für Thomas Mann aus dem Bewußtsein eines sich eigentümlich auswirkendengemischten Blutes– wobei freilich Thomas Mann mit seiner halbportugiesischen Mutter einen viel greifbareren Anhaltspunkt findet als Rilke, der in allem, was er verschiedentlich von der vielfältigen Zusammensetzung1seines Bluts sagt, fast immer von seiner doch irgendwie auch exotischen Mutter absieht und sein Augenmerk auf die uradligen Kärntner Rülkes richtet, mit denen er in Wirklichkeit höchst wahrscheinlich in keinerlei Blutsverwan